So könnte ein Nachfolgemodell des 9-Euro-Tickets aussehen — Maßnahmen anderer europäischer Länder für attraktiven ÖPNV
Bis zum 31. August konnte in Deutschland das 9-Euro-Ticket gekauft und genutzt werden. Das Ticket, mit dem man für kleines Geld durch ganz Deutschland reisen konnte, hat den öffentlichen Nahverkehr als wesentlichen Treiber für die Verkehrswende in den Fokus gerückt und großen Zuspruch erhalten — so wurde das Ticket im Aktionszeitraum von Juni bis August über 52 Millionen Mal verkauft.1
Das Ziel, die Belastung der Bevölkerung durch die rasant steigenden Kraftstoff-, Energie- und sonstigen Lebenshaltungskosten zu verringern, konnte damit für einen kurzen Zeitraum erreicht werden. Seit einigen Tagen ist sicher, dass es auch in Zukunft ein ähnliches Angebot geben soll. Doch wie das genau aussehen könnte, ist noch nicht klar.
Auch andere europäische Länder haben auf die steigenden Lebenshaltungskosten in Europa reagiert und führten Maßnahmen zur Entlastung der Bürger:innen ein. Dabei sind verschiedene Modelle entstanden, um den ÖPNV günstiger und attraktiver zu machen.
Eine Auswahl gibt es hier:
🇮🇪 — Irland reduziert die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr um 20 % Prozent
Seit dem 16. Mai sind die Preise für den ÖPNV in Irland bis zum Ende des Jahres um 20 % gesenkt worden. Verkehrsminister Eamon Ryan erklärte, dass die Menschen nach der Pandemie wieder zur Arbeit gehen oder mehr in der Stadt unterwegs sind, und die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver und einfacher gestaltet werden sollte.
Dadurch hat sich beispielsweise in Dublin der Preis für den 90-Minuten-Tarif auf 2 Euro und für Kinder auf 65 Cent reduziert.
🇮🇹 — Italien vergibt einmaligen Bonus für öffentliche Verkehrsmittel
Italien hat als Reaktion auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges einen einmaligen Bonus für den öffentlichen Nahverkehr eingeführt. Studierende und Arbeitnehmende, die weniger als 35.000 Euro verdienen, können 60 Euro erhalten, um die Kosten für Bus, Bahn oder U-Bahn zu decken. Die Prämie wird in Form eines elektronischen Gutscheins gewährt, der beim Kauf einer Fahrkarte für diese Dienste eingelöst werden kann. Der Bonus ist Teil eines 14-Milliarden-Euro-Hilfspakets, das Premierminister Mario Draghi zur Steigerung der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eingeführt hat.
🏴 — England plant Preisdeckelung im öffentlichen Nahverkehr
Noch in diesem Jahr soll in England eine Preisobergrenze für Bustarife erfolgen. Das Verkehrsministerium hat versprochen, Millionen von Pfund bereitzustellen, um die Auswirkungen der Pandemie abzumildern und im öffentlichen Personennahverkehr eine Preisobergrenze für Busfahrkarten einzuführen.
Alle Fahrten in lokalen und regionalen Bussen sollen demnach landesweit nur noch maximal 2 Pfund kosten. Die neue Regelung soll jedoch nur für sechs Monate im Herbst und Winter gelten. Diese Maßnahme wird von Autofahrer:innen begrüßt, die angesichts der steigenden Kraftstoffpreise auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen sind.
🇪🇸 — Spanien führt Übergewinnsteuer ein und finanziert damit kostenlosen ÖPNV
Spaniens Regierung führt die Übergewinnsteuer auf Krisengewinne ein. Energieunternehmen, die aufgrund gestiegener Rohstoffpreise von der Krise profitieren, müssen seither mehr Steuern zahlen.5 Pro Jahr werde der Staat so rund zwei Milliarden Euro einnehmen.
Damit wird von September bis Dezember im ganzen Land die kostenlose Nutzung der Züge des staatlichen Bahnunternehmens Renfe finanziert.6 In diesem Zeitraum können Fahrgäste Mehrfahrkarten gratis erhalten. Einzelfahrscheine und Fernreisen seien von der Maßnahme ausgenommen.
🇲🇹 — Malta führt als zweites europäisches Land den kostenlosen Nahverkehr ein
Luxemburg ist das erste Land in Europa, das seit 2020 Mobilität gratis anbietet und den kostenlosen öffentlichen Nahverkehr einführte.
Nun zieht auch Malta nach — ab dem 1. Oktober bietet das Land kostenlosen Nahverkehr für alle Bürger:innen an. Damit wird Malta das zweite europäische Land, das an seine Bürger:innen und Tourist:innen keine Fahrkarten mehr verkauft.
Diese Maßnahme war allerdings keine Reaktion auf den Ukraine-Krieg, sondern wurde bereits im Oktober 2021 während der Haushaltsdebatte angekündigt. Malta will damit die Abhängigkeit der Bürger:innen vom Auto reduzieren und den ÖPNV attraktiver machen.
Quellen und weiterführende Links
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/9-euro-ticket-121.html
https://www.thejournal.ie/public-transport-fares-reduced-dublin-5756520-May2022/
https://www.euronews.com/green/2022/04/22/italy-s-russian-gas-boycott-gathers-pace-thanks-to-new-deals-in-africa
https://www.express.co.uk/life-style/cars/1638207/bus-fare-England-fares-price-cap-dft
https://www.fr.de/panorama/spanien-uebergewinnsteuer-kostenloser-oepnv-energiekonzerne-banken-91693535.html
https://www.lasexta.com/noticias/nacional/trenes-gratis-renfe-septiembre-medidas-estrella-que-anunciado-pedro-sanchez_2022071262cd5bbb1c42850001e96a47.html
https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_92362012/spanien-macht-den-oepnv-ab-september-kostenlos.html